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18.02.2025
Der Patienten- und Pflegebeauftragte MdL Zöller zu Besuch im Haus Vinzenz von Paul

Liebe Leserinnen und Leser,

gleich am Eingang des Hauses St. Vinzenz von Paul empfing mich Geschäftsführer und Einrichtungsleiter Martin Wienand. Im Besprechungszimmer warteten bereits Pflegedienstleiterin Carolin Kissel und Bürgermeister Dennis Neßwald, der in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender das Gespräch begleitete.
Das Haus St. Vinzenz von Paul liegt im Zentrum von Kleinostheim in einem verkehrsberuhigten Bereich und gehört zu den wenigen solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen in Bayern. Träger ist zu 50% die Gemeinde Kleinostheim, zu 40% die katholische und zu 10% die evangelische Kirchengemeinde. Zusätzlich zur Altenhilfe betreibt der Träger noch zwei Kinderkrippen und eine Schülerbetreuung. Im Unternehmen sind 180-190 Mitarbeiter in Teil- und Vollzeit beschäftigt. Das großzügige, helle und einladende Seniorenzentrum hat 20 Plätze in der Tagespflege und 23 Kurzzeitpflegeplätze, wovon bis zu elf als Dauerpflege belegt werden könnten. Die „Gäste“ der Kurzzeitpflege, wie sie Frau Kissel so liebevoll nennt, kommen überwiegend aus dem Gebiet von Stadt und Landkreis Aschaffenburg. Im Jahr werden bis zu 280 Pflegebedürftige in der Kurzzeitpflege betreut.
Pflegedienstleiterin Kissel gibt mir vorab theoretisch Einblick in das tägliche Leben im Haus St. Vinzenz von Paul, bevor sie mich durch das Gebäude führt. Oberstes Credo ist „ambulant vor stationär“, genau wie im § 3 SGB XI gefordert. So ist alles darauf ausgerichtet, die Gäste so lang als möglich für ein selbstständiges und selbst bestimmtes Leben zu Hause zu stärken und zu unterstützen.
Beim anschließenden Gang durch die großzügigen Räumlichkeiten konnte ich mich davon überzeugen, mit welchem Aufwand und welcher Energie die Gäste der Kurzzeit- und Tagespflege betreut und umsorgt werden. Bei der Besichtigung der Cafeteria erläutert Geschäftsführer Wienand den täglichen Ablauf des Mittagessens. Von Montag bis Freitag wird im Haus gekocht und die Gäste können das Mittagessen gemeinsam zu sich nehmen. Auch die Krippen des Trägers werden mit den hausgemachten Mahlzeiten beliefert. Mittwochs ist zusätzlich für auswärtige Besucher geöffnet, die zu Kaffee & Kuchen und danach zum Spielen, Unterhalten oder nur zum Verweilen bleiben können. Die Betreuung an diesem Nachmittag übernimmt ehrenamtliches Personal. Während der Begehung, berichtet Frau Kissel von den Möglichkeiten, die sich durch zusätzliche Räume für das Personal und die Gäste ermöglichen. Sie bieten die Option in kleineren Einzelgruppen individuellere Fördermaßnahmen durchführen zu können, was die Selbständigkeit der Senioren im Alltag wesentlich stärkt. Dies ist eines der obersten Ziele der Einrichtung. Ein Wochenplan mit verschiedenen Angeboten – quasi ein individueller Stundenplan- hängt im Flur aus. Dieser gibt einen Überblick über das vielfältig wechselnde Angebot für die Senioren. Aber auch die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen ist durch drei Ruheräume gegeben. Anders als in anderen Einrichtungen, in denen alle Gäste in einem Raum ihre Mittagsruhe verbringen.
Trotz all der guten Voraussetzungen berichten mir Kissel und Wienand von den Herausforderungen und Problemen, die es täglich in der solitären Kurzzeitpflege zu bewältigen gilt. Eines ist, wie in vielen Bereichen, die enorme Bürokratie. Carolin Kissel erklärt, dass sie jährlich zwischen 280 und 290 Aufnahmen und Entlassungen haben und das bei nur 23 Pflegeplätzen. Verträge werden sogar 350-400 ausgefüllt, da es immer wieder vorkommt, dass es bei einer Anfrage bleibt. Die Gegebenheiten oder der Gesundheitszustand der Anfragenden ändert sich und sie müssen absagen. Der Aufwand zur Aufnahme für die Kurzzeitpflege ist der gleiche wie bei einem Platz in der Dauerpflege. Dazukommt der Aufwand bei der Entlassung, bei der die Pflegeüberleitung dokumentiert werden muss. Dieser große Bürokratieaufwand hat zur Folge, dass eine Kurzzeitpflege unter drei Tagen gar nicht mehr angeboten werden kann, da die Kosten, welche entstehen, nicht refinanziert werden können. Hierfür könnte man eine ganze Stelle besetzen, die nur den bürokratischen Teil übernimmt.
Ein weiteres Thema ist laut Meinung von Herrn Wienand und Frau Kissel die Einstufung des Pflegegrads. Dieser könnte einfacher und kurzfristiger abgewickelt werden. „Wieso muss es der MDK machen? Wieso kann es nicht der ambulante Dienst, der die gleiche Ausbildung hat wie der medizinische Dienst, die Personen kennt, und die tatsächlichen Tätigkeiten viel besser einschätzen kann?“ so Kissel. Der Pflegegrad ist ein „Grad der Pflegebedürftigkeit“ und drückt aus, wie stark pflegebedürftig jemand ist. Heißt im Umkehrschluss, wie selbständig die Person die Tätigkeiten des Alltags meistert. Dies könnte der ambulante Dienst, der regelmäßig ins Haus kommt, sehr gut und kurzfristig beurteilen. Ebenso könnten so regelmäßige Anpassungen stattfinden. Denn auch hier fließen Gelder, obwohl sich der Bedarf in manchen Fällen zum Positiven ändert. „Das System muss effektiver kontrolliert werden, um Gelder zu sparen,“ wünscht sich Kissel. Umgekehrt fordern der Geschäftsführer und die Pflegedienstleiterin mehr Vertrauen in die Kompetenz vor Ort.
Diesen Apell nehme ich als Patienten- und Pflegebeauftragter auf alle Fälle mit und werde mich weiterhin für meine Heimatstimmkreise und selbstverständlich auch darüber hinaus, für die Pflege einsetzen.

Euer Thomas Zöller, MdL
Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung